Granit Xhaka - der Lernprozess dauert an
Kapitän mit Kontrollverlust
von Marc Basten

Granit Xhaka hat sich bei Borussia Mönchengladbach in den letzten Wochen weiterentwickelt. Der nächste Schritt beim Schweizer hat auch mit André Schubert zu tun. Die Beförderung zum Kapitän war ein Glücksgriff. Gleichwohl bleibt einiges zu tun.


Granit Xhaka - Kapitän der Borussia (Foto: Team2 Sportphoto)

Es war eigentlich nur eine Randnotiz in einer mehr als hektischen Zeit in Mönchengladbach. Lucien Favre hatte gerade das Handtuch geworfen, Borussia stand auf dem letzten Tabellenplatz und irgendwie drohte alles den Bach herunter zu gehen. Interimscoach André Schubert sollte als Ersthelfer noch größeren Schaden vermeiden. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, Granit Xhaka die Kapitänsbinde zu geben.

Nun ist das gemeinhin im Profifußball kein so großer Akt. Die Mannschaft aufs Feld führen, Hände schütteln bei der Seitenwahl und vielleicht mal mit dem Schiri ein paar Takte wechseln - das ist kein Ding. In Gladbach ging man daher mit dieser Rolle sehr entspannt um. Martin Stranzl war quasi aufgrund seiner Erfahrung der logische Kapitän, dahinter ›rotierte‹ die Binde. Tony Jantschke, Stranzls Vertreter, nahm sich als Kapitän nicht besonders wichtig.

Bei Schuberts Premiere fehlten Stranzl und Jantschke, so dass ein neuer Spielführer her musste. Schubert benannte Granit Xhaka, was im ersten Moment wenig bemerkenswert erschien. Doch der Interimscoach hatte mit dieser kleinen Geste bei Xhaka einiges bewegt.

»Unheimlich stolz« sei er, ließ Xhaka direkt nach dem Spiel verlauten. Konnte man das vielleicht noch als pathetisches Gerede abtun, so wurde man in den nächsten Wochen eines Besseren belehrt. Für Granit Xhaka ist die Rolle des Kapitäns weitaus mehr, als nur die Binde zu tragen.

Schubert hatte erkannt, dass er so Xhakas Verantwortungsbewusstsein weiter herauskitzeln könnte. Von seinem Selbstverständnis her ist der 23-Jährige ohnehin eine Führungsfigur. Doch nun, da er auch offiziell als Anführer gilt, wirkt der Schweizer gereifter. Man merkt ihm an, dass er sich wirklich mit diesem Amt identifiziert.

Dass sein Drang, mit dem Schiedsrichter zu diskutieren, nun ›Kraft Amtes‹ teillegalisiert wurde, ist ein brauchbarer Nebeneffekt. Wobei Xhaka schon klar sein muss, dass die Kapitänsbinde kein Freifahrtschein ist. Dass der Schweizer auch weiterhin ein höchst explosives Pulverfass ist, zeigte sich am letzten Spieltag gegen Ingolstadt.

Die Oberbayern hatten Xhakas Reizbarkeit als auszunutzende Schwachstelle bei Borussia ausgemacht. Von Beginn an provozierten die Ingolstädter Xhaka, der prompt in die Falle tappte. »Er musste sich einiges anhören«, nahm Trainer André Schubert den Schweizer zwar in Schutz, doch er wusste auch: »Granit muss sich besser unter Kontrolle haben«.

»Ich weiß, dass ich meine Emotionen manchmal besser im Griff haben muss«, sagte Xhaka kürzlich. »Aber das geht nicht von heute auf morgen. Das muss ich lernen. Der Trainer hilft mir dabei und die Kapitänsbinde auch«.

Xhaka fehlt nun gegen Hannover wegen der Ampelkarte, dazu bleiben die vier Gelben Karten bestehen. Bei der nächsten Verwarnung folgt also gleich wieder eine Zwangspause. Wenn Granit Xhaka wirklich ein ganz Großer werden will, muss sich der Lerneffekt zügig einstellen. Es sollte ihn besonders schmerzen, dass ihn Ingolstadts Hauptprovokateur Alfredo Morales auch nachträglich noch vorführte: »Ich habe die ganze Zeit nur gelacht. Er hat sein ganzes Spiel kaputtgemacht«.

Auch der nun 'richtige Cheftrainer' André Schubert wird sich daran messen lassen müssen, wie er den Reifeprozess seines Kapitäns begleitet. Die letzten Wochen waren vielversprechend, doch der Rückfall gegen Ingolstadt ist eine deutliche Warnung.

torfabrik.de


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