Standpunkt: Präsidiumsmitglied Hans Meyer spricht über den guten Saisonstart der Fohlenelf, wie gut Borussia bislang die Englischen Wochen verkraftet und die aktuelle Länderspielpause.
Herr Meyer, trotz drückender Überlegenheit in den beiden zurückliegenden Spielen in Zürich und gegen Mainz musste sich die Fohlenelf zuletzt zweimal mit einem 1:1 begnügen. Wie sehr ärgern Sie sich darüber, dass man die guten Leistungen nicht in Siege umwandeln konnte?
Hans Meyer: Ich habe in Zürich 5:3 Chancen für Borussia gezählt. Sie rechtfertigen zwar im Nachhinein das erzielte, gute Resultat. Das Spiel dort hat jedoch nicht logischerweise einen Sieg für uns hergegeben. Deshalb konnte ich mit diesem 1:1 am Ende ganz gut leben. Anders dagegen das Spiel am Sonntag gegen eine starke, unangenehme Mainzer Mannschaft. Ein Chancenverhältnis von 6:2, ein unglückliches Gegentor und ein beindruckender Endspurt, mit dem allein wir uns den Sieg verdient gehabt hätten, hätten einen dreifachen Punktgewinn absolut gerechtfertigt. Und das alles im Zusammenhang mit einem Spielrhythmus, der in dieser Form schon außergewöhnlich belastet.
Borussia ist nach zwölf Pflichtspielen nach wie vor ungeschlagen. Wie bewerten Sie das erste Viertel der laufenden Saison?
Hans Meyer: Da kann ich an das oben Gesagte anknüpfen. In Pflichtspielen sind wir bisher noch ungeschlagen. Die Mannschaft ist gesund und fit – und das nach dieser fast trainingsfreien Zeit, denn die vielen Spiele geben methodisch fast keinen Freiraum. Das spricht eindeutig für unseren Trainer mit seinem gesamten Team an Assistenten, Physiotherapeuten, Ärzten und Athletik-Spezialisten. Natürlich auch für unsere Spieler, die bei den entsprechenden Erholungsmaßnahmen offensichtlich professionell mitmachen. Wir sind im Europapokal hoffnungsvoll dabei, haben mit der Eintracht aus Frankfurt eine reizvolle Pokal-Aufgabe. Wer sich jetzt hinsetzt und nachrechnet, wo wir angeblich Punkte „abgeschenkt“ haben, ist ein Träumer und wird im Fußball noch oft enttäuscht.
Am Sonntag bei "Sky" haben Sie scherzhaft gesagt, dass Borussia nun Bayern-Jäger Nummer eins sei. Was glauben Sie aber, ist nach diesem guten Start tatsächlich für Borussia drin in dieser Saison?
Hans Meyer: Sagen Sie mir bitte einen Adressaten, dem ich nach einem Fünftel der Punktspiele in der Bundesliga und mit einem Vorsprung von drei Punkten auf den siebten Platz den Gefallen tun soll, über neue Zielstellungen zu reden. Max Eberl hat diese in Abstimmung mit dem Trainer und uns formuliert, und das ist bei unserem bevorstehendem Programm nach wie vor unverändert ein sehr hoher Maßstab. Der Fußball birgt so viel Unwägbares, nicht Planbares, dass wir uns nicht ständig mit Wasserstandsmeldungen abgeben sollten. Lucien Favres Denken von Spiel zu Spiel hat unserem Verein in den letzten Jahren aber richtig gut getan, und wir tun gut daran, es weiter so zu handhaben.
Obwohl Trainer Lucien Favre kräftig rotieren lässt, macht sich kaum ein Qualitätsverlust bemerkbar. Hätten Sie erwartet, dass die Mannschaft die Englischen Wochen so gut verkraftet?
Hans Meyer: Das konnte man in dieser Form sicher nicht erwarten, zeigt auf der anderen Seite aber auch, dass unsere Kadermaßnahmen der vergangenen Jahre und speziell noch mal im jüngsten Sommer - federführend unter der Verantwortung von Max Eberl - richtig gut greifen.
Teams wie der FC Schalke oder Borussia Dortmund haben die Belastung weniger gut weggesteckt und sind in der Liga bislang noch hinter den Erwartungen zurück geblieben. Womit ist bei den beiden Teams die Diskrepanz zu den teils guten Leistungen in der Champions League zu erklären?
Hans Meyer: Ich kann über unsere Mannschaft urteilen, weil ich unseren Kader kenne, weil ich permanent informiert bin über alle sichtbaren Probleme unserer Leistungsmannschaft. Ich stecke weder bei Borussia Dortmund noch bei Schalke 04 so im Stoff, dass ich mir solide Einschätzungen zutraue. Wir sollten uns um unsere eigenen Probleme kümmern, die werden im Verlauf sicher auch mal wieder größer. Unqualifizierte Fremdbeurteilungen von Außenstehenden haben wir dann in solchen Fällen auch nicht so gern.
Nun steht erst einmal die Länderspielpause an. Wie wichtig ist es für die Spieler, die nicht für ihre jeweilige Nationalteams im Einsatz sind, einmal ein Wochenende verschnaufen zu können?
Hans Meyer: Diese Phase mit Training und Regeneration kommt richtig passend, wird vom erfahrenen Trainer Lucien Favre sicher auch gut vorbereitet. Bei den aktuell zweieinhalb freien Tagen sollte da niemand Reisen mit stundenlangen Flügen machen. Erholung bei gleichzeitigem Spannungserhalt ist nicht immer leicht zu realisieren.
Max Kruse ist nach knapp einem Jahr wieder für die DFB-Auswahl nominiert worden. War es der verdiente Lohn für seine guten Leistungen in den vergangenen Wochen?
Hans Meyer: Wer zur Auswahl eingeladen wird, hat beim Bundestrainer auf sich aufmerksam gemacht. Und dass Jogi Löw die aktuelle Phase dazu nutzt, um auch im Sinne von Verbreiterung seines Kaders zu testen, ist sicher auch normal. Max hat eine hohe Hürde zu überspringen, er will in die Phalanx von Weltmeistern eindringen. Dazu sollten wir ihm neben seinem Können und Standvermögen die Daumen drücken und ihm das nötige Quäntchen Glück wünschen.
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