Jürgen Klopp seit sieben Jahren Coach / 27. Februar 2001 als Geburtsstunde der neuen 05er
Vom 27.02.2008
Was als Experiment, zudem ein durchaus gewagtes, begann, ist mittlerweile zu einer Institution geworden. Heute jedenfalls geht Jürgen Klopp in sein achtes Jahr als Cheftrainer des FSV Mainz 05. In den sieben Jahren zuvor ist unendlich viel passiert bei dem Fußball-Zweitligisten, aber auch bei Klopp selbst.
Von
Roland Hessel
Es war eine schwierige Situation, in der die 05-Verantwortlichen am Fastnachtswochenende 2001 steckten. Die Mannschaft mal wieder im tiefstem Abstiegskampf, der zweite Trainer schon verschlissen Und in diesen trüben Tagen kam dann Manager Christian Heidel die rettende Idee. "Wir machen es einfach selbst", erinnert sich der 44-Jährige gerne an die Momente, als die spektakuläre Entscheidung reifte. Für Eckhard Krautzun, der schon ohne Fortune den glücklosen Rene Vandereycken abgelöst hatte, sollte nicht einer der üblichen "Feuerwehrleute" den Trainerjob beim Zweitligisten übernehmen, sondern ein noch aktiver Spieler. Und mit Jürgen Klopp, dem damals 33-Jährigen A-Schein-Inhaber war dieser schnell gefunden.
"Reizpunkt setzen"
"Die Lage war so dramatisch, dass wir reagieren mussten. Aus der Verantwortung für den Verein heraus gab es jetzt aber keine andere Möglichkeit, einen Reizpunkt zu setzen", sagte 05-Präsident Harald Strutz auf der Vorstellungs-Pressekonferenz am 27. Februar 2001. Wie sich mittlerweile herausstellte, ein Datum, das für den Verein und seinen neuen Trainer ein extrem einschneidendes war.
Was in den Tagen, Monaten und Jahren nach der Inthronisierung des Rechtsverteidigers, der zuvor elf Jahre für die Rheinhessen gespielt hatte, folgte, ist hinlänglich bekannt. Noch am gleichen Abend schlug Mainz 05 den MSV Duisburg durch einen Treffer von Christof Babatz mit 1:0, startete eine fulminante Aufholjagd, die mit dem sicheren Liga-Verbleib belohnt wurde. Klopp, der ursprünglich nur für zwei Begegnungen einspringen sollte, durfte natürlich bleiben. In den folgenden zwei Jahren entwickelte sich unter dem Jung-Trainer in und um Mainz herum ein Fußball-Hype ungeahnten Ausmaßes. Zweimal in Folge scheiterten die 05er nur hauchdünn am Aufstieg in die Bundesliga. Jedes Mal gewannen Verein und Trainer in ganz Deutschland an Ansehen und Profil.
Als es dann im dritten Anlauf im Mai 2004 doch klappte, stieg nicht nur Mainz 05 erstmalig in die Beletage des deutschen Fußballs, sondern auch Jürgen Klopp endgültig bei den Mainzer Fans in den Sympathie-Olymp auf. Es folgten zwei Jahre, in denen die 05er recht souverän die Liga hielten. Zwei Jahre, in denen der Aufstieg Klopps unaufhaltsam fortschritt. Den Spitznamen "Harry Potter" erhielt er aus mehreren Gründen. Einer war natürlich die runde Brille, die zu seinem Markenzeichen wurde. Aber auch sein jugendliches Auftreten und letztendlich seine Zauberkräfte, die einen so kleinen Verein wie Mainz 05 im Haifischbecken Bundesliga bestehen ließen, machten ihn immer populärer.
Schließlich landete er sogar im Fernsehen. Als Experte verstärkte er das WM-Team des ZDF. Eine Verbindung, durch die beide Parteien gewannen. Klopp machte sich nun endgültig bundesweit einen Namen als brillanter Rhetoriker, als Fachmann, der sein Wissen authentisch und vor allem verständlich "rüberbringen" kann. Bis zur Europameisterschaft in diesem Sommer wird Klopp diese Zusatz-Tätigkeit auf jeden Fall fortführen.
Ob er seine Tätigkeit bei Mainz 05 fortführen wird, dies steht indes noch in den Sternen (siehe auch zweite Sportseite) . Durchaus möglich, dass der 40-Jährige, der seinem Klub auch nach dem Abstieg die Treue hielt, nach 18 Jahren Mainz 05 den Verein im Sommer verlässt. Sein Vertrag läuft jedenfalls aus. Noch hat er sich nicht erklärt, bis Ende März läuft die selbst auferlegte Bedenkzeit. "Kloppo kann jederzeit unterschreiben und die Laufzeit selbst eintragen", hat Manager Heidel immer wieder betont. Doch der gebürtige Schwabe, der immer gesagt hat, dass er nicht auf ewig in Mainz bleiben werde, ziert sich. Auch wenn eine spektakuläre Möglichkeit nur knapp an ihm vorüber gegangen ist.
Auf jeder Kandidatenliste
Beim FC Bayern München hat er auf der Liste gestanden. Bayern-Manager Uli Hoeneß höchstpersönlich hatte beim Mainzer Coach angerufen, um das grundsätzliche Interesse auszuloten. Dass die Münchner sich dann doch für Jürgen Klinsmann entschieden haben, schmälert die beruflichen Möglichkeiten Klopps keineswegs. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass er vom Hamburger SV umworben wird. Der österreichische Spitzenklub Red Bull Salzburg hat angefragt oder anfragen lassen. Gehandelt werden auch der VfB Stuttgart oder Schalke 04. In beiden Fällen soll Klopp heißer Kandidat sein, falls die derzeit glücklosen Trainer Armin Veh (Stuttgart) oder Mirko Slomka (Schalke) gehen müssen.
Spitzenreiter Finke
Derzeit sind dies alles Spekulationen, denen Klopp durch sein beharrliches Schweigen freilich immer wieder Nahrung gibt. Klar ist: Jürgen Klopp ist nach dem Bremer Thomas Schaaf der derzeit dienstälteste Profi-Trainer, in der Zweiten Liga ist er sogar die Nummer eins. Insgesamt gab oder gibt es nur neun Übungsleiter, die länger ununterbrochen bei einem Verein tätig waren.
Spitzenreiter ist übrigens Volker Finke vom SC Freiburg, mit dem Klopp in seiner Anfangszeit gerne verglichen wurde. Bis zu seiner Demission im vergangenen Sommer war Finke 5843 für die Breisgauer tätig. Am heutigen Tag bringt es Jürgen Klopp auf genau 2555 Tage. Wie viele es noch werden, vermag niemand zu sagen. An Finkes Rekord wird er aber nicht heran kommen. Dass dies für ihn kein Ziel sei, das betont Klopp schon seit Jahren.
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