Wer steht da eigentlich im Mainzer Tor?

COSTA BALLENA. Es war schon ein Thema am Rande des Testspiels der 05er gegen Alemannia Aachen: Wer steht da eigentlich im Mainzer Tor? Antwort: Die Torhüter Nummer vier und fünf.

Die Aachener Kollegen Stephan Straub und Thorsten Stuckmann staunten nicht schlecht, doch Trainer Jürgen Klopp hatte gar keine andere Wahl: Für den langjährigen Stammkeeper Dimo Wache (34) wäre das Spiel nach vier-monatiger Reha zu früh gekommen. Christian Wetklo (28) ist nach seiner Schulter-OP gar nicht vor Ort. Und die derzeitige Nummer eins, Daniel Ischdonat (31), hatte sich am Vortag am Sprunggelenk verletzt.
In der ersten Hälfte beim 0:1 gegen die Alemannia stand Rainer Adolf in der Kiste. Der 23-Jährige bekam nicht die Chance, durch spektakuläre Szenen zu glänzen. Vor seinem Tor passierte nichts. Der 1,94 Meter große Allgäuer gab Kommandos, dirigierte seine Vorderleute und zeigte: In seinem Strafraum ist er der Chef.



In der zweiten Hälfte parierte Daniel Davari (20) zweimal glänzend gegen Emmanuel Krontiris. Man erkennt die Kuhnert-Schule beim letztjährigen Stammtorhüter der 05-Junioren. Wie alle 05-Torhüter ist der ehemalige Stürmer, der seit der B-Jugend mit Torwarttrainer Stephan Kuhnert arbeitet, in Eins-gegen-Eins-Situationen stark. "Glück gehört dazu", relativiert Davari.



Davari ist ein Spezialist für Blitzkarrieren. Mit 15, in seiner mittelhessischen Heimat in der Nähe von Gießen, wurde er binnen vier Monaten vom Stürmer, der nicht mehr laufen wollte, zum Hessenauswahlkeeper mit Einladungen zu Lehrgängen der U15-Nationalmannschaft.

Ganz wohl fühlen sich die beiden Nachwuchskeeper nicht bei dem Gedanken, dass sie nur deswegen in Spanien dabei sind, weil die beiden Mainzer Stammtorhüter Wache und Wetklo sich so schwer verletzten. Von Wetklos Bänderriss hat Adolf im Kino erfahren. "Ich habe eine SMS bekommen, dass schon wieder ein Torwart ausgefallen ist. Ich konnte das gar nicht glauben", erzählt der Hüne aus Füssen. "Beim Auswärtsspiel in Wiesbaden stand ich noch in der Fankurve, drei Wochen später unten auf dem Platz und habe die Welle mit den Fans gemacht."

Als A-Jugendlicher schaffte Adolf den Sprung in die Erste Mannschaft der SpVgg Kaufbeuren. Danach spielte er zwei Jahre in der Zweiten Mannschaft des FC Augsburg, dann ein Jahr in Regensburg. "Dort war ich das Bauernopfer, nachdem es in der Vorrunde nicht so lief", erinnert sich Adolf. "Auch weil ich bei den Fans überhaupt nicht beliebt war. Ich wurde schon am ersten Spieltag ausgepfiffen, weil ich aus Augsburg kam."

Seit Saisonbeginn ist Adolf Stammtorwart der 05-Amateure, seit November die Nummer zwei der Profis. Ein rasanter Aufstieg für den jungen Keeper, der kurz vorher noch bei einem Regionalligisten aussortiert worden war und sich über ein Probetraining beim Mainzer Oberligateam andienen musste.

Fast wäre Adolf bei seiner ersten Berufung in den Profikader schon auf dem Platz gebraucht worden. In Paderborn verursachte Daniel Ischdonat einen Elfmeter. Manch ein Schiedsrichter zeigt dafür die Rote Karte. "Ich kann nicht mehr genau sagen, was ich in dem Moment gedacht habe", sagt Adolf. "Das gibt's nicht, jetzt könntest du auch noch spielen!" Es blieb bei Gelb.

Dabei war damals lange nicht klar, wer überhaupt als Ersatztorwart nach Paderborn mitfahren würde. Pierre Kleinheider, Stammtorhüter der A-Junioren, im Vorjahr dort Ersatzmann hinter Davari, stand bei Jürgen Klopp ebenfalls zur Debatte. "Natürlich habe ich mich in den Tagen vor dem Spiel etwas unwohl gefühlt", erinnert sich Adolf. "Ich hatte geglaubt, jetzt dabei zu sein, und dann kommt es doch nochmal zu einem Zweikampf." Davari möchte dazu nichts sagen: "Jetzt bin ich hier im Profi-Trainingslager. Das zählt."



Beide Torhüter wissen spätestens seit dem Test gegen Aachen, wie schnell es gehen kann, von der Nummer vier oder fünf plötzlich zur vorübergehenden Nummer eins oder zwei zu werden. "Man muss auf der Bank jederzeit damit rechnen, sofort zu spielen", sagt Adolf. Ansprüche meldet der Füssener aber nicht an. "Das wäre vermessen", sagt er. "Ich werde mich im Training anbieten, und wenn ich gebraucht werde, bin ich da." Langfristige Ambitionen hat Adolf schon: "Vielleicht kann ich irgendwann mal Dimo oder Ischi ablösen", hofft der Keeper.

Davari sieht diese Perspektive ebenfalls, weiß aber, dass er Geduld haben muss. Adolf zitiert in diesem Zusammenhang seinen ehemaligen Trainer in Augsburg. ",Fußball ist ein Tagesgeschäft', hat Armin Veh gesagt. Einen Tag später war er entlassen. Zwei Jahre später war er Deutscher Meister." Und wer weiß: Vielleicht wird man Adolf und Davari beim Rückrundenauftakt in Koblenz wiedersehen...