Borowski verhängt Presseboykott / Hamburger SV und Bayern München sollen interessiert sein
BELEK. Tim Borowski ist ein sympathischer Kerl. Freundlich, höflich, nett. Aber wehe er wird kritisiert. Dann vergisst der 27-Jährige schnell seine gute Kinderstube und macht dicht. Wie jetzt in Belek. Beim täglichen "Wünsch dir was" der mitgereisten Journalisten stand Borowski ganz oben auf der Liste. Mediendirektor Tino Polster trug das Begehren weiter - und holte sich beim Werder-Profi einen Korb. Der Nationalspieler will nicht reden, denn er fühlt sich von den Medien schlecht behandelt. Eine deutliche Retourkutsche für die Kritik an Borowskis Leistungen in der Hinrunde.
Ein merkwürdiges Verhalten eines Profis, der in seinem Team eine Führungsrolle beansprucht. Doch von diesem Status hat sich Borowski in den vergangenen Monaten ohnehin schon mehr und mehr entfernt. Sicher, Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück - aber die Formkurve wollte auch nach der Genesung nicht mehr nach oben zeigen. Trotzdem hielt Trainer Thomas Schaaf immer an ihm fest. Bis zum letzten Hinrunden-Spiel gegen Leverkusen. Da holte Schaaf zum großen Keulenschlag aus und Borowski schon nach 31 Minuten vom Platz. Eine Demütigung. Als solche möchte Schaaf diese Maßnahme freilich nicht verstanden wissen: "Ich wollte niemanden bloß stellen."
Doch es war kein Zufall, dass es Borowski traf. "Ich hatte schon in den Spielen davor das Gefühl, dass wir aus unserem Rhythmus nicht herauskommen, deshalb musste ich reagieren", erklärt Schaaf und deckt damit "Boros" größtes Problem auf: Der Mittelfeldspieler agiert immer nur in einem Tempo. Und aufgrund seiner Körpergröße von 194 Zentimetern wirkt das dann auch noch sehr, sehr langsam.
Dass es Borowski besser kann, ist unbestritten. Er hat es in der Vergangenheit oft genug im Werder-Dress bewiesen und ist nicht ohne Grund Nationalspieler geworden. Doch es scheint fast so, als hätte der Neubrandenburger zuletzt das Brems- mit dem Gaspedal verwechselt.
Zu einem für ihn denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn im Sommer läuft sein Vertrag in Bremen aus. Mit 27 Jahren ist nun die Zeit gekommen, um finanziell das Bestmögliche für einen Fußball-Profi herauszuholen. Werder will ihn halten, aber eben nicht um jeden Preis. "Die Gespräche laufen", bestätigt Sportchef Klaus Allofs: "Aber es gibt Phasen, in denen eine Partei nachdenken muss." In diesem Fall Borowski. Ein Monster-Angebot wird ihm sein Noch-Arbeitgeber nicht unterbreitet haben. Warum auch? Denn bei der Beurteilung von Borowskis Saison findet Schaaf eindeutige Worte: "Tim hat nicht die Leistungen abgerufen, die er kann."
Trotzdem ist Borowski ein begehrter Spieler geblieben. Atletico Madrid soll an einer Verpflichtung interessiert sein. Dass der Familienvater den Schritt ins Ausland wagt, ist eher unwahrscheinlich. Dann schon eher ein Wechsel innerhalb der Bundesliga. Beim Hamburger SV steht der Mittelfeldspieler angeblich auf der Liste, beim FC Bayern München auch. Keine schlechten Adressen für einen Neuanfang nach zwölf Jahren in Bremen. Vielleicht würde ihm das auch den notwendigen Schub geben, um wieder durchzustarten.
Mit einer schnellen Entscheidung ist allerdings nicht zu rechnen. Der HSV und die Bayern befinden sich noch auf Trainersuche - und vom neuen Coach ist auch die Transferpolitik abhängig.
Bleibt die Frage: Wie lange wartet Werder? "Anfang Januar ist nicht die Zeit, um alles dicht zu machen. Es gibt ja auch Entwicklungen", sagt Allofs allgemeingültig für die sieben Bremer, deren Kontrakte im Sommer auslaufen. Es klingt auch wie ein Angebot: Wer sich in den nächsten Wochen steigert, bekommt auch eine bessere Offerte.
Den Willen, wieder richtig wichtig für Werder zu werden, hat Borowski. Das demonstriert er auf dem Trainingsplatz - und mit einer neuen Kurzhaarfrisur, die ihn schnittiger erscheinen lässt. Nur reden will der sonst durchaus gesprächige 27-Jährige darüber nicht.
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