Interview Fortuna-Trainer Koschinat über seine Zukunft und die Ziele für 2018

Von
Christian Krämer

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Köln - Herr Koschinat, wann haben Sie zum letzten Mal richtig Urlaub gemacht?

Das war vorletztes Jahr. Aber das hat nicht so viel damit zu tun, dass es wegen Fortuna Köln nicht möglich gewesen wäre, sondern es muss eben mit den Ferien meiner Kinder passen. Und da ist der Fußballtrainer-Job leider nicht der kompatibelste.

Sehnen Sie sich manchmal nach einem Job mit geregelten Arbeits- und Urlaubszeiten?

Nein, das hatte ich ja schon als Bankkaufmann, ich war über zehn Jahre lang bei der Sparkasse. Immer mit der doppelten Belastung, weil ich noch semiprofessionell Fußball gespielt habe und abends trainieren musste. Und da empfinde ich meine heutigen Freiheiten als deutlich größer, auch wenn der Arbeitsaufwand natürlich höher ist. Dazu kommt in meinem Fall ja noch eine große Selbstbestimmtheit. Ich kann über den Tag hinweg den Beruf sehr gut mit meinen persönlichen Angelegenheiten kombinieren.

Ein Unterschied wie Tag und Nacht zwischen den beiden Jobs Bankkaufmann und Fußballtrainer.

Auf jeden Fall. Damals war man als Angestellter des öffentlichen Dienstes noch in diesem finanziellen Auffangbecken und man konnte seinen Weg vorzeichnen. Ich habe mich aber daneben noch auf den Fußball konzentriert, wo es ja letztlich auch geklappt hat. Aber ich kenne die Phase des Lebens, wenn dir jemand anders sagt, wann du wo zu sein hast und welche Aufgabengebiete du zu bearbeiten hast.

Jetzt sind Sie derjenige für Ihre Spieler.

Ja, in meinem Teilbereich ist das so. Aber ich werde logischerweise auch kontrolliert. Aber aufgrund der Tatsache, dass ich schon so lange hier bin, nicht mehr in dem Maße, wie man es vielleicht bei einem neuen Trainer tun würde. Bei uns sind die Dinge sehr eingespielt. Und die Entscheidungsträger im Verein wissen, dass ich das Ganze mit einer gewissen Seriosität mache. Es ist schon eine angenehme Konstellation.

Das Jahr 2017 endete für Fortuna Köln nach einer herausragenden Phase mit sechs Spielen ohne Sieg. War die Verletzungsproblematik der Hauptgrund dafür?

Es ist zu billig, die schlechten Ergebnisse nur auf die Verletzten zu reduzieren. Es lag in meiner Hand, Lösungen zu finden, und in den Händen von denen, die eingesprungen sind. Wenn ich in der Kabine nachfrage, wer sich nicht zutraut, Dritte Liga zu spielen, dann gehen da nicht viele Hände hoch. Man muss aber auch sehen, dass wir die Messlatte in den ersten 15 Spielen mit einem Zwei-Punkte-Schnitt und teilweise spektakulären Auftritten sehr hoch gelegt haben – für die, die wegen des Verletzungspechs in die Bresche springen mussten.

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Was hat Sie in der Winterpause am meisten beschäftigt?

Die Suche nach einer Verstärkung im hinteren Bereich. Mit Boné Uaferro und Moritz Fritz fehlen uns zwei Innenverteidiger mit guten strategischen Fähigkeiten noch eine ganze Weile. In diesem Bereich haben sie Maßstäbe gesetzt. Natürlich habe ich mich auch damit beschäftigt, ob Spieler wie Kristoffer Andersen und Manuel Farrona Pulido rechtzeitig in Schwung kommen. Denn das wir ein entscheidender Faktor sein, um nur annähernd diese Hinrunde zu bestätigten. Wir brauchen in der Breite einfach mehr Qualität.

War die Suche nach einem neuen Verteidiger erfolgreich?

Es gibt eigentlich eine relativ konkrete Situation. Da haben wir Vorarbeit geleistet, haben unsere Hausaufgaben gemacht, wir müssen jetzt abwarten. Aber nochmal: Wir wollen nur etwas tun, was der Mannschaft weiterhilft. Wir wollen niemanden holen, um einfach Handlungsfähigkeit zu beweisen.

Mit Andersen, Pulido und möglicherweise einem Neuzugang – gibt es eine konkrete Zielsetzung für die Rückrunde?

Nein, tatsächlich nicht. Ich hatte ja das Ziel, unter den ersten Vier in die Winterpause zu gehen, was ja durch die letzten beiden Spieltage leider unmöglich wurde. Rostock und Unterhaching haben sehr konstant gepunktet, wir nur wie ein Absteiger, das muss man so klar sagen. Es ist trotzdem eine attraktive Ausgangsposition. Auf Rang eins oder zwei haben wir aus meiner Sicht zwar keine Chance mehr, aber es geht für eine ganze Reihe von Mannschaften darum, den Traum vom Relegationsplatz zu leben. Und da sind wir dabei.

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Sie gehen offensiv damit um.

Du stehst nunmal so in der Tabelle. Und wir haben ein paar Faktoren, die für uns sprechen. Zum Beispiel haben wir zehn Heim- und nur noch acht Auswärtsspiele. Und mit Ausnahme von Magdeburg kommen noch alle Spitzenmannschaften ins Südstadion. Mir fallen jetzt auch nicht so viele Gründe ein, warum wir, mit einer etwas verbesserten personellen Situation, in der Rückrunde jetzt nur noch zehn oder zwölf Punkte zusammenklauen sollten.

Ihr Vertrag läuft im Sommer aus. Gab es schon Gespräche bezüglich einer Verlängerung?

Ja, da gab es viele zielführende Gespräche, wir sind in einem stetigen Austausch. Nach sieben Jahren wollen beide Parteien logischerweise wissen, wo es hingehen soll. Insbesondere ich möchte natürlich wissen, wo es mit Fortuna Köln hingehen kann. Wir müssen nicht mehr großartig über Rahmenbedingungen oder Ähnliches reden. Für mich war erst einmal wichtig, dass man es vom Verein aus gerne sehen würde, wenn die Zusammenarbeit fortgesetzt wird. Der Verein hat auch von mir ein klares Feedback bekommen. Wir haben vernünftige Gespräche geführt, aber die sind echt noch ergebnisoffen.

Wie ist Ihr Feedback ausgefallen?

Ich habe gesagt, dass ich mich hier wahnsinnig wohl fühle und, das will ich nie verhehlen, Familie ein wahnsinnig wichtiger Faktor für mich ist. Wichtig ist natürlich auch, dass wir uns Gedanken machen, wo der Verein in ein oder zwei Jahren sein kann. Wir haben festgestellt, dass wir in der Außenwirkung ein wahrgenommener Drittligist sind, man könnte etabliert sagen. Wir haben uns in einer Nische hervorragend eingenistet. Junge Spieler, die es vielleicht nicht über den ersten Bildungsweg in die Erste oder Zweite Liga geschafft haben, können wir auf ein anderes Leistungsniveau heben. Und diese Nische wollen wir weiter besetzen, es macht Spaß mit so einer Mannschaft zu arbeiten. Es ermöglicht uns auch, im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten, ein gutes, attraktives Team aufzustellen.

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Ist Ihre Bedingung für eine Vertragsverlängerung das Versprechen, dass es in den kommenden Jahren nicht mehr vornehmlich nur um den nackten Klassenerhalt geht? Also, dass der Etat höheren Zielen angepasst wird?

Nein, das ist gar nicht mal der Fall. Die Dritte Liga verändert sich. Die Zeit der Big Player, als Teams wie Chemnitz, Erfurt oder Münster, völlig unerreichbar waren, geht vorbei – sowohl was das Gehaltsgefüge angeht, als auch die Attraktivität als Arbeitgeber. Es hat sich massiv verändert, vor allem, weil viele Vereine in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Was die Kaderstruktur und die Spielerverpflichtungen angeht, fischen wir mittlerweile in einem relativ ähnlichen Becken, wie die eben genannten Vereine. Und Spieler entscheiden sich dann eher für uns, weil sie wissen, dass in dem Klub Ruhe herrscht und Kontinuität, auch auf der Trainerposition. Das ist für viele Spieler ein wichtiger Faktor. Darum glaube ich, dass es in den nächsten Jahren nicht mehr notwendig ist, das ganz große Geld zu bewegen, es ist vernünftiger geworden.

Was fordern Sie dann?

Meine Hauptforderung ist, dass sich neben mir auch von den anderen Personen, mit denen ich über die Jahre zusammengearbeitet habe, ein Bekenntnis zu Kontinuität gibt. Da waren die letzten Wahlen im Verein wichtig. So Personen wie Hanns-Jörg Westendorf (Fortuna-Präsident d. Red.) sind mir enorm wichtig, weil sie mir immer ein ehrliches Feedback geben. Ganz klar, es geht immer um die Person Michael Schwetje (Investor und Geschäftsführer, d. Red.) und seine persönliche Version für den Verein. Und diese Dinge sind viel höher aufzuhängen als eine potenzielle Aufstiegschance.


– Quelle: https://www.ksta.de/29409240 ©2018