25.04.2016 | 20:12 Uhr | Andreas Willeke
Bundesliga
Hannover 96: 14 erstklassige Wünsche
Scheiden tut weh - erst recht, wenn man sich so schön eingerichtet und aneinander gewöhnt hat. 14 Jahre gehörte die Bundesliga zu Hannover.
Am 14. Mai ist es vorbei, das Spiel bei den Bayern wird mindestens für ein Jahr das letzte in der ersten Liga sein. Das Ziel ist zwar der sofortige Wiederaufstieg, doch der wird nur gelingen, wenn 96 aus den vielen Fehlern der vergangenen Jahre lernt. Wir haben dazu 14 erstklassige Wünsche.
Kein Weiter-so!
Der Abstieg ist die Chance zu einem Neuanfang - und zwar auf allen Ebenen. Dazu gehört die ehrliche Fehleranalyse, ohne Rücksicht auf persönliche Eitelkeiten zu nehmen. Vermutlich bleibt das aber ein frommer Wunsch, der nicht erfüllt wird. Eben wegen der Eitelkeiten.
Kind muss mutiger werden!
96-Chef Martin Kind hat das alltägliche Geschäft abgegeben. Martin Bader hat übernommen, auf Vorschlag von Gregor Baum, dem 96-Gesellschafter und Chef der Neuen Bult. Dass 96 mit Bader (und dem Sportlichen Leiter Christian Möckel) auf das richtige Pferd gesetzt hat, wird keiner behaupten. Die Transferflops im Winter und das Zögern und Hin und Her um die rechtzeitige Entlassung von Trainer Thomas Schaaf haben die Bundesliga gekostet. So lange, wie Kind alles in der Hand hatte, stieg 96 nicht ab. Der 96-Chef seinerseits hat auch Manager Dirk Dufner zu lange werkeln lassen. Kind muss daraus lernen und wieder entschlossener bei Fehlentwicklungen eingreifen, am besten mit der Zehn-Sekunden-Regel.
Mehr sportliche Kompetenz!
Bader und Möckel konnten die von ihnen erwartete neue sportliche Kompetenz nicht beweisen. Mit den Transfers in der Winterpause sollte die Grundlage für eine erfolgreiche Rückrunde gelegt werden. Sechs Spieler kamen, keiner machte die Mannschaft besser. Kind hat mehrfach erklärt, einen Sportchef einstellen zu wollen. Vorzugsweise einen Ex-Profi - das wäre der richtige Weg.
Glückliches Händchen bei Einstellungen!
Chef Kind hat in der Ära des Krawall-Duos Mirko Slomka/Jörg Schmadtke den entscheidenden Fehler gemacht, der den langsamen Abstieg eingeleitet hat: Er ließ Schmadtke gehen, statt sich auf die Seite des Sportchefs zu stellen. Seitdem hatte Kind kein Glück bei der Besetzung der Führungspositionen. Dirk Dufner, Tayfun Korkut, Michael Frontzeck und zuletzt Bader, Möckel und Schaaf - überzeugen konnte keiner.
Trainer mit Bleibegarantie!
Korkut, Frontzeck, Schaaf, Stendel - vier Trainer in einem Jahr, das zeigt, wie wenig funktioniert hat. 96 braucht mal wieder einen Übungsleiter, der die Klasse hat, zumindest mittelfristig etwas aufzubauen.
Spielphilosophie festlegen!
Wie will 96 künftig spielen? Nur mit Kontern und schnellem Umschaltspiel - oder mehr aus dem Ballbesitz heraus? In der zweiten Liga wird der Absteiger auf viele Teams treffen, die sich hinten reinstellen. Das heißt mehr Ballbesitz für 96 - danach müssen dann aber auch die Spieler ausgesucht werden.
Charakter-Check als Einstellungsvoraussetzung!
96 braucht hungrige Spieler mit Herz. Die Zuschauer spüren genau, wer sich wirklich für seinen Verein einsetzt - und wer nur Alibifußball spielt.
Weniger Nationalitäten!
Aktuell hat 96 Profis aus Portugal, Chile, Ungarn, Japan, Brasilien, Polen, Senegal, Norwegen, Dänemark, Frankreich und der Türkei - die Nationalitätenvielfalt führt zu einem Sprachenwirrwarr. Das muss entwirrt werden.
Einkaufsverbot für Legionäre!
Not-Einkäufe wie 50-Prozent-Stürmer Hugo Almeida darf es nicht mehr geben. Sie zerstören das Mannschaftsgefüge.
Ohne Teamgeist geht nichts!
Daniel Stendel hat den unter Thomas Schaaf verlorengegangenen Teamgeist neu entwickelt. Aufsteiger wie Ingolstadt oder Darmstadt machen vor, wie Teamgeist auch Qualitätsmängel wettmachen kann.
Mehr 96-Talente einbauen!
Daniel Stendel hat als erster Trainer seit vielen Jahren Talente nicht nur im Training mitmachen lassen, sondern sie auch eingesetzt. Waldemar Anton und Noah-Joel Sarenren-Bazee sind dabei nur die Speerspitzen aus dem 96-Fundus. Man kann den Talenten vertrauen - das ist ein entscheidendes Kriterium für die Auswahl des neuen Trainers.
Auch Qualität holen!
Nur mit eigenen Talenten wird 96 nicht aufsteigen können. Es müssen auch spielerisch starke Profis dazukommen. Ideal wäre auch, einen kreativen Star wie Hiroshi Kiyotake zu halten.
Geld sinnvoll einsetzen!
96 ist in den Jahren nach Schmadtke zur Geldverbrennungsanlage geworden. Noch nie hat der Verein so viel Geld in die Mannschaft gesteckt wie in der aktuellen Saison - mit einem erbärmlichen Ergebnis. Weit abgeschlagen abzusteigen, obwohl in der Winterpause noch mal für viel Geld nachgerüstet wurde - das schmerzt. Kind betont, bei den Transfers allein die Wirtschaftlichkeit geprüft zu haben, die sportliche Verantwortung lag bei Trainer und sportlicher Leitung. Es steht zwar weiter ein verhältnismäßig hoher Etat für die zweite Liga zur Verfügung - das wird aber nichts nützen, wenn weiter die falschen Leute eingekauft werden.
Fans im roten Ruderboot behalten!
An den Fans lag es nicht, dass 96 absteigt. Sie mussten eine Vielzahl von unterirdischen Leistungen in Heimspielen ertragen - sie haben die Mannschaft oft genug mehr unterstützt, als die es verdient hatte. Für die zweite Liga wird es wichtig sein, dass das Publikum am Ball bleibt. Voraussetzung ist natürlich, dass die neue Mannschaft vorangeht und den Neuanfang glaubhaft auf den Platz bringt.
Quelle:
www.neuepresse.de