Fakten und Betrachtungen zum Abschluss der Punktrunde 2007/08DTTL 2007/08: Eine faszinierende Liga geht in die Entscheidungsphase
Die Zuschauer, nur ein einziges Mal in 42 Bundesligajahren kamen geringfügig mehr Menschen in die Hallen, erlebten eine Vielzahl ungemein packender, dramatischer und hochklassiger Partien, die oftmals eine Werbung für Tischtennis als Mannschaftssport waren. Bei den geringen Leistungsunterschieden zwischen den einzelnen Teams in der vom Niveau ungewöhnlich dicht besetzten Eliteklasse, gab es reihenweise eng verlaufende Spiele, die die Besucher faszinierten und desöfteren zu stehenden Ovationen veranlassten. Nicht selten waren es sogar die Begegnungen der unteren Tabellenhälfte, die an Spannung ihresgleichen suchten und bei denen es in der entscheidenden Phase niemanden mehr auf den Sitzen hielt. So erinnnert sich der Verfasser dieses Berichts, am 9. Februar zwischen Gönnern und Jülich dreieinhalb Stunden aufregendes Tischtennis auf erstaunlich hohem Niveau erlebt zu haben, das keinen der 800 Zuschauer unberührt ließ. Ein Besuch deutlich über dem Ligadurchschnitt beim Match des Letzten gegen den Vorletzten - auch das spricht für die besondere Attraktivität einer ausgeglichenen deutschen Eliteklasse.
Von den 90 Partien endeten 55 mit 6:3, 6:4 oder 5:5, lediglich 35 Spiele fanden deutliche Sieger mit 6:2 oder höher. Nur sechsmal gab es 6:0-Kantersiege bzw. "Höchststrafen" - je nachdem aus welcher Position man es betrachten möchte. Eines dieser 6:0-Resultate kam überdies am "grünen Tisch" zustande. Es handelte sich um eine Partie, die sportlich nach packendem Kampf 5:5 ausgegangen war. Vom Spannungsfaktor her verlief die Runde gigantisch. Dies änderte sich nicht einmal wesentlich als feststand, dass es keinen Absteiger geben würde und der zunächst so ungemein dramatisch angelaufene Kampf um den Klassenverbleib vorzeitig beendet war. Zur Dramaturgie passte das Herzschlagfinale um den Play-Off-Einzug, in dem Fulda schließlich hauchdünn die Nase vorne hatte.
Die Play-Offs versprechen reichlich Klasse und Spannung in der ersten DTTL-Saison und 42. Bundesligaspielzeit überhaupt. Das Kräftemessen der vier attraktiv besetzten Halbfinalteilnehmer können - nachdem erste Versuche hochwertiger und entsprechend kostspieliger Liveübertragung via Internet anfangs der Saison wegen fehlender Refinanzierungsmöglichkeiten zunächst auf Eis gelegt worden waren - nun auch die Fans in den heimischen Wohnstuben angeregt verfolgen: erstmals in der Geschichte des deutschen Tischtennis werden die Play-Offs 2008 im Free-TV in einstündigen Highlight-Zusammenfassungen (DSF) und im Internet zeitversetzt auf
www.DTTL.tv in voller Länge übertragen. Die TV-Präsentation und -Vermarktung der DTTL steckt noch in den Anfängen, stellt jedoch die Herausforderung der Zukunft dar. Die contenthouse GmbH, TV-Partner der Liga mit dem rührigen, kreativen "Macher" Benno Neumüller an der Spitze, fungiert diesbezüglich als Motor und treibende Kraft. Man arbeitet fieberhaft an tragfähigen Lösungen, dem Tischtennissport auch in der Medienwelt und in der öffentlichen Wahrnehmung die gebührende Präsenz und Anerkennung zu verschaffen.
Zehn Teams zwischen Erfolgen und Enttäuschungen - Versuch einer vorläufigen Bilanz
Wie von sämtlichen Experten erwartet, war Rekordmeister Borussia Düsseldorf als Kernteam der Nationalmannschaft nicht zu stoppen, auch wenn phasenweise etwas Sand ins Getriebe geriet und man erst mit dem Kantersieg gegen Frickenhausen in der Stutgarter Porsche-Arena am 9. Spieltag den Platz an der Sonne ergattern konnte. Das kurze Tief der Borussia in der Vorrunde mit Niederlagen in Gönnern und gegen Ochsenhausen war aber auch dem Umstand geschuldet, dass man anfänglich meinte, bei der ausgewiesenen Qualität des Kaders Timo Boll im Ligaalltag nicht ständig einsetzen zu müssen. Die Mannschaft erwies sich jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht als gefestigt genug, um ohne ihr Aushängeschild souverän aufzutreten, zumal der Japaner Jun Mizutani merklich schwächelte. Später änderte sich dies: als Timo Boll verletzungsbedingt in der Rückrunde länger pausieren musste, sprangen seine Kollegern überzeugend in die Bresche und zeigten sich als homogene Truppe, der kaum mehr beizukommen war. Einen einzigen Zähler gab man in der Rückrunde noch ab beim Remis gegen Ochsenhausen vor 3.000 Zuschauern in Ulm. Vier Zähler Vorsprung auf Meister Frickenhausen in der Endabrechnung zeigen, dass der Publikumsmagnet der DTTL als echtes Topteam aufgetreten ist und völlig zu Recht die Runde in der Pole-Position beendete. Letztlich schulterte man auch das Manko der ständigen internationalen Beanspruchung sämtlicher Akteure souverän, die in der entscheidenden Saisonphase allesamt ihre kleineren Zwischtiefs überwunden hatten und mit höchster Konzentration und Effizienz in der DTTL zu Werke gingen. Die Frage vor den Play-Offs lautet, ob überhaupt jemand an einem sehr, sehr guten Tag in der Lage sein könnte, Düsseldorf in Gefahr zu bringen, jetzt, wo das Team des aktuellen Ligapokalsiegers verletzungsfrei, gefestigt, eingespielt und richtig heiß auf den Erfolg ist. Das Zwischenfazit des Managers Andreas Preuß fällt erwartungsgemäß positiv aus: "Wir haben eine tolle Runde gespielt und sind am Ende verdient Erster geworden. Beeindruckend war neben dem sportlichen Erfolg auch das Faninteresse bei unseren Spielen zu Hause und auswärts. Wir können bislang absolut zufrieden sein mit dem Erreichten."
Der TTC Frickenhausen auf Tabellenrang zwei gab vier Zähler in der Rückrunde ab und wurde am Ende souveräner Zweiter, drei Punkte vor dem Drittplatzierten. Lange hatte man in der Rückrunde mit dem Handikap eines verletzungsbedingt ausfallenden Bastian Steger zu leben, das man jedoch erstaunlich gut kompensierte, zumal sich der junge Schwede Fabian Akerström als Joker gut in der Liga akklimatisierte. Zweimal verließ man in der Rückserie die Tische als Verlierer, erwartungsgemäß beim 3:6 gegen Düsseldorf in Hagen am letzten Spieltag, unerwartet dagegen beim 2:6 gegen Fulda-Maberzell am 27. Januar in eigener Halle. Ansonsten gab es nur ansprechende Leistungen, die eines Topteams würdig waren. "Oldie" Ma Wenge überwand in seiner letzten Saison für die Schwaben ein Zwischentief rechtzeitig und der Slowene Bojan Tokic konnte auch im oberen Paarkreuz gut mithalten. An Position drei hatte man mit Bastian Steger einen Topspieler, der in nahezu jedem anderen Team der Liga unangefochten im oberen Paarkreuz stünde. Auf welchem hohen Nivau selbst die Nummer vier agiert, zeigte sich unter anderem bei der Mannschafts-WM im chinesischen Guangzhou, bei der Jungnationalspieler Patrick Baum für Furore sorgte. Auch in diesem Fall lügt die Tabelle nicht, Frickenhausen präsentierte sich fast durchgehend stark, jedoch klappte es nicht ganz, auf Augenhöhe mit Düsseldorf zu gelangen. Ein kleiner, aber feiner Niveau-Unterschied trennt die beiden derzeit erfolgreichsten deutschen Teams. Es käme nicht überraschend, wenn diese Kontrahenten demnächst - im Finale - zum dritten- und viertenmal in dieser Saison aufeinandertreffen würden.
Dagegen hat natürlich der Dritte im Klassement, TTF Liebherr Ochsenhausen, etwas einzuwenden. Gegenüber der Vorrunde verbesserte man sich um einen Rang, und gab noch fünf Zähler ab - zwei beim 4:6 in Frickenhauseneinen, einen gegen den Klassenprimus aus Düsseldorf sowie jeweils einen weiteren bei den "Angstgegnern" Plüderhausen und Jülich. Somit war man auch drittstärkstes Rückrundenteam. Und das, obwohl der konstant starke Spitzenspieler Adrian Crisan in den letzten Partien verletungsbedingt ersetzt werden musste. Es erwies sich in dieser Saisonphase als entscheidender Vorteil, über eine homogene Truppe aus fünf spielstarken Akteuren zu verfügen, deren "Youngster" aus Portugal, Italien und Schweden sich im Lauf der Runde erheblich steigern konnten. Zudem wurden die Doppel - anfänglich das Sorgenkind des Cheftrainers Anders Johannson - im Lauf der Rückrunde immer stabiler. Gegen Rundenende zeigte auch der Hongkongchinese Leung Chu Yan (Foto), der zeitweise enttäuscht hatte, wieder deutlich ansteigende Form. Zu gerne würden die TTF in den Halbfinals einen weiteren Coup landen und in den beiden Württemberg-Derbys den Widersacher aus dem Neuffener Tal ausschalten. Zuzutrauen wäre es den Oberschwaben schon, die übrigens den "Titel" des "Remis-Königs" der DTTL erspielten - acht Unentschieden in achtzehn Begegnungen, das muss dieser Truppe erst einmal jemand nachmachen.
Im Zielfinish rettete der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell - um ein einziges Spiel bei Punktgleichheit besser notiert als Hauptkonkurrent Grenzau - den so ungemein wichtigen vierten Tabellenplatz, den er am vorletzten Spieltag erstmals erobert hatte. Nach der Vorrunde noch Kopf an Kopf mit Ochsenhausen, geriet anfangs der Rückrunde Sand ins Getriebe der Waldner-Truppe, die die Felle nach der 1:6-Klatsche in Jülich am 14. Dezember schon davonschwimmen sah. Doch man meldete sich eindrucksvoll zurück mit einem nie erwarteten 6:2 bei Meister Frickenhausen. Im nächsten Heimspiel freilich setzte es eine 2:6-Schlappe gegen Aufsteiger Werder Bremen und eine völlig indisponierte Fuldaer Mannschaft schien sich weit von den Play-Offs entfernt zu haben. Man fing sich jedoch wieder, siegte viermal in Folge und leistete sich zum Rundenabschluss in Ochsenhausen exakt die knappe Niederlage, die zum größten Erfolg der 50-jährigen Vereinsgeschichte reichte. Nun darf man sich in den Semifinalspielen mit Topfavorit Düsseldorf messen und kann als krasser Außenseiter unbeschwert aufspielen, wohl wissend, dass man in der kommenden Saison ein noch stärkeres Team ins Rennen schicken wird. Diesem werden zwar Jörgen Persson und Jörg Schlichter nicht mehr angehören, dafür aber Shooting-Star Wang Xi (Gönnern) und der immer besser werdende Robert Svensson (Plüderhausen).
Unter keinem guten Stern stand die Saison für den letzjährigen Vizemeister und Pokalgewinner TTC Zugbrücke Grenzau. Die Westerwälder schieden - obwohl mit der gleichen Mannschaft wie 2006/07 angetreten - in der Gruppenphase der Champions League aus und leisteten sich im Viertelfinale des Ligapokals ein ernüchterndes 1:3 gegen Gönnern. Damit ruhten sämtliche Hoffnungen auf dem Erreichen der Play-Off-Endrunde um die Deutsche Meisterschaft. Ursprünglich schien man unaufhaltsam auf Kurs zu sein - zur Halbzeit war man mit vier Minuspunkten noch hartnäckigster Düsseldorf-Verfolger. Auch in der ersten Rückserienhälfte lief es bei Blaszczyk & Co. noch recht ordentlich. Dann der erste Einbruch mit der 2:6-Heimschlappe gegen das damalige Schlusslicht Plüderhausen am 27. Januar. Kurz darauf entschloss sich Grenzaus Macher und Urgestein Manfred Gstettner zu einem mutigen Schritt: wegen unprofessionellen Verhaltens wurde mit Cheung Yuk (Foto) einer der Leistungsträger ausgemustert, der zuletzt immer weniger mitgezogen und sich nicht bereit gezeigt hatte, sich für die Ziele des Traditionsklubs zu quälen. Zwar gaben die verbliebenen Akteure alles in ihrer Macht stehende, doch reichte die sportliche Qualität ohne den Hongkongchinesen eben nicht mehr ganz, um am Ende erfolgreich zu sein, auch wenn mit dem jungen Letten Mattis Burgis ein großes Talent auf sich aufmerksam machen konnte. Nur drei Punkte aus den fünf Partien nach Plüderhausen waren im Endeffekt zu wenig, wenngleich die Truppe im Zielfinish von Jülich in die Erfolgsspur zurückkehrte, allerdings in der Endabrechnung um Haaresbreite scheiterte. Wer das weltberühmte Tischtennisdörfchen im Westerwald und den Präsidenten Manfred Gstettner kennt, weiß freilich, dass es nicht bloß eine Floskel war, als er uns am 10. April erklärte: "Wenn es nicht klappt, geht in Grenzau die Welt nicht unter".
Die untere Tabellenhälfte beginnt - ein wenig überraschend, hatte doch Würzburg monatelang diese Position bekleidet - mit dem starken Aufsteiger Werder Bremen auf Platz sechs. Nach der Vorrunde als Tabellenachter mit sechs Zählern noch stark abstiegsgefährdet - man musste zu diesem Zeitpunkt noch mit Aufsteigern aus der Zweiten Ligen rechnen -, spielten sich Hielscher & Co. im Lauf der Rückrunde richtig frei und waren in der starken Liga plötzlich endgültig angekommen. Zum Schluss waren die Norddeutschen, die eine äußerst homogene Truppe ins Rennen geschickt hatten, nur noch schwer zu bezwingen. Highlight war das 6:2 der Hansestädter beim späteren Play-Off-Halbfinalisten Fulda-Maberzell am 10. Februar. Auch der Teamgeist spricht für die Großstadt-Truppe aus Deutschlands Norden. Trotz anfänglicher Verletzungssorgen - betroffen waren besonders Trinko Keen und Constantin Cioti, auch Lars Hielscher galt noch als gefährdeter Kandidat - spielten die "Grünen" fast immer komplett - nur zweimal musste ein Ersatzmann einspringen. Werder hat es geschafft, sich im zweiten Anlauf im Oberhaus zu etablieren und ist auf bestem Weg, sich dort zur festen Größe zu entwickeln. Die Bundesligaakteure haben überdies einen Anfang gemacht, Spitzentischtennis auch an der Weser zu etablieren. Sie haben demonstriert, dass der lange Schatten eines namhaften Fußballbundesligisten keinesfalls ein Hemmschuh für die Entfaltung von Bundesligatischtennis sein muss, sondern dass Name und Ruf des Dachvereins sogar von Vorteil sein können, wenn es gilt, eine "Marke" zu positionieren. Die ansprechenden Leistungen von Keen, Kishikawa, Hielscher und am Ende auch Cioti wurden vom Publikum honoriert, das zusätzliche Motivation durch die vorzüglich organisierten German Open im November im Bremer AWD-Dome erhielt.
Müller Würzburg belegte am Ende nur Rang sieben, wenngleich es wochenlang so ausgesehen hatte, als wäre die Truppe aus Mainfranken, die sich frühzeitig aller Abstiegssorgen entledigen konnte, auf den sechsten Platz gewissermaßen abonniert. Der Kroatien-Chinese Tan Rui Wu, Thomas Keinath und Abwehrcrack Evgueni Chtchetinine erwiesen sich als Leistungsträger und enttäuschten nicht, während Neuzugang Ling Wei Chao mit einer 11:19-Bilanz die Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte. Für erhebliches Aufsehen sorgte der Klub, als man am 13. Januar bei Borussia Düsseldorf nach gespielten Doppeln eine Einzelaufstellung an die Tische schickte, die aus Hobby- bzw. Kreisklassespielern bestand, womit das Meisterschaftsspiel zur Farce wurde. Damit wollte man - eigenen Bekundungen zufolge - einen Protest ausdrücken, da man sich ein Dreivierteljahr zuvor beim ETTU-Cup-Finale in Düsseldorf ungerecht behandelt fühlte. 800 Antworten und 70.000 Zugriffe in dem entsprechenden Diskussionsthread in einem großen Internetforum spiegelten die Resonanz dieser reichlich grenzwertigen "Demonstration" wider. Doch besannen sich die Mainfranken rasch wieder darauf, Profitischtennis auf gutem Niveau zu zeigen, was Tan Rui, Keinath & Co. fraglos beherrschen. Besonders in der Champions League wußten die Würzburger zu beeindrucken. Man erreichte das Viertelfinale, wo man gegen den späteren Finalisten Niederösterreich nach guter Leistung den kürzeren zog. Mit dem waschechten Hessen und dennoch slowakischen Nationalspieler Thomas Keinath, den es zum französischen ETTU-Cup-Sieger Angers zieht, verlieren die Mainfranken einen Sympathieträger. Man darf gespannt verfolgen, welches Team Hauptsponsor und Manager Frank Müller den Tischtennisfans für die kommende Saison präsentieren wird.
Rang acht sicherte sich der SV Plüderhausen, der lange als Schlusslicht der Liga die "rote Laterne" innegehabt hatte. Allerdings deutete die Karakasevic-Truppe bei reihenweise knappen, unglücklichen Niederlagen schon damals an, dass ihr Potenzial weitaus besser war als die Tabellenposition. Erst mit dem ebenso überraschenden wie überzeugenden 6:2-Triumph beim haushohen Favoriten Grenzau kam man Ende Januar in die Erfolgsspur. Fortan waren die mentalen Blockaden gelöst. Man holte nach Grenzau 7:7 Punkte und präsentierte sich als klassischer Mittelfeldkandidat - auf Augenhöhe mit Vereinen wie Bremen und Würzburg. Leistungsträger im "Team der Linkshänder" waren eindeutig der Serbe Aleksandar Karakasevic, sechstbester Spieler der DTTL, und der aufstrebende Schwede Robert Svensson. Dessen Landsleute Magnus Molin und Peter Nilsson konnten dagegen die Erwartungen nicht erfüllen - Molin/Nilsson vermochten lediglich im Doppel einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen. Anders der junge Serbe Zsolt Pete, der mehr als einmal zeigte, dass in ihm ein gutes Potenzial steckt. Pete, den vor der Saison nur wenige kannten, avancierte gegen Ende der Runde bereits zum ernstzunehmenden Erstligaspieler des hinteren Paarkreuzes. Eher als "Luftnummer" denn als Bereicherung erwiesen sich die beiden Auftritte des zuvor hoch gehandelten Sun Mo, dessen Einsatz in Jülich am 29.09. zur nachträglichen Aberkennung des sportlich gewonnenen Punktes führte, da die Spielberechtigung des gerade eingeflogenen Chinesen noch nicht in trockenen Tüchern war. Ein wenig ernüchternd war die Zuschauerresonanz. Obwohl, auch in der von den Ergebnissen her schwachen Phase, stets spannende Begegnungen in der Hohbergsporthalle zu sehen waren, fanden durchschnittlich nur 352 Zuschauer den Weg dorthin - der schwächste Zuschauerschnitt in der Liga. Da Karakasevic und das komplette Schweden-Trio die Remstaler verlassen werden, steht der Klub vor einem nahezu kompletten personellen Neubeginn.
Neunter Platz ist nicht gleich neunter Platz: Eine gute Saison spielte nämlich der TTC indeland Jülich, auch wenn es am Ende nur zum vorletzten Tabellenrang reichte. Im Gegensatz zur Vorsaison freilich, die mit dem gleichen Resultat beendet wurde, präsentierten die Herzogstädter diesmal eine harmonische, gut funktionierende Truppe, die für Imagewerbung sorgte und die heimischen Fans - schon zum Saisonauftakt beim 5:5 gegen Meister Frickenhausen - zu begeistern wußte. Mit der gelungenen Mischung aus Alt - Jörg Roßkopf (Foto) erwies sich als der erhoffte Führungsspieler und "Leitwolf" - und Jung, von Takakiwa bis Freitas befanden sich nur Spieler im fortgeschrittenen Teenageralter im Aufgebot, kam Leben in die Auftritte der Westdeutschen aus der Grenzregion. Die "Unabsteigbaren" des deutschen Tischtennissports galten nicht immer als Musterknabe der Liga - in dieser Saison freilich konnte der Tradionsklub reichlich Pluspunkte sammeln, längst nicht nur in sportlicher Hinsicht. Neuer Hauptsponsor, neues Image - frisch, lebensfroh und naturverbunden -, neues, jugendorientiertes Konzept und verbesserte Öffentlichkeitsarbeit - all dies kann man dem TTC Jülich der Saison 2007/08 ohne Schmeicheleien attestieren. Warum es letztlich doch nur zu Rang neun gereicht hat, ist eine berechtigte Frage. Manager und Bundesliga-Urgestein Arnold Beginn hat darauf folgende Antwort: "Die Saison hat sehr gut begonnen, wir haben unerwartete Punkte eingefahren. Leider haben wir aber sehr oft in den entscheidenden Phasen eines Satzes die erforderliche Routine nicht gehabt, was man von den jungen Spielern auch noch nicht erwarten kann. Zum Ende der Saison haben wir ein wenig nachgelassen. Als feststand, dass es keinen Auf- und Absteiger geben wird, hat der letzte Biss gefehlt. Wir haben dann aber auch den persönlichen Belangen einiger Spieler Rechnung getragen, indem wir sie für andere Termine freigestellt haben." Apolonia und Freitas werden künftig für die Ligakonkurrenten Ochsenhausen und Düsseldorf aufschlagen, Kosowski dagegen für Plüderhausen. Dafür wurde mit Paul Drinkhall vom TTV Gönnern ein 18-jähriges Supertalent verpflichtet. Zudem wird mit dem gerade 15-jährigen Belgier Julien Indeherberg ein weiterer jugendlicher Hoffnungsträger zum Team stoßen.
Last but not least der TTV Gönnern, Schlusslicht und dennoch die Liga bereichert. Wie geht das zusammen? Aus der Not eine Tugend machend, hat der klamme Klub aus dem Hesssischen Hinterland im Jahr eins nach Boll und Roßkopf ganz auf die Jugend gesetzt und eine hochmotivierte "Boygroup" ins Rennen um Bundesligapunkte geschickt, deren Oldie der 23-jährige chinesische "Nobody" Wang Xi (Foto) war. Nobody blieb der drahtige, bescheidene neue Shooting-Star am DTTL-Firmament nicht lange, dessen Entdeckung man den Hinterländern hoch anrechnen muss. Hat es hier doch ein virtuoser Verteidigungsspieler allen gezeigt, die glaubten, Erfolg und Ballgeschwindigkeit seien zwingend ein und dieselbe Story. Wang wurde in wenigen Wochen zum neuen Volkshelden, der nicht einen Zuschauer weniger anzog als in den Spielzeiten zuvor die profiliertesten Protagonisten des deutschen Tischtennis. Erfolgscoach Helmut Hampl versuchte alles, um aus den Talenten Gavlas, Mengel, Filus und Drinkhall schnellstmöglich eine schlagkräftige, DTTL-taugliche Einheit zu machen. Dies glückte nur teilweise, dennoch hatte man das Gefühl, dass die Zeit für diese Teenager-Truppe arbeitete, die allerdings Rückschläge noch nicht gut wegzustecken imstande war, wie etwa den Kreuzbandriß von Antonin Gavlas am 23. Januar im Spiel bei Borussia Düsseldorf. Treffend formulierte Vereinschef Torsten Märte, was in den Akteuren vorging: "Die jungen Spieler sind immer voll motiviert, da Bundesligaeinsätze für sie noch nicht zum `lästigen´ Alltag, sondern zu den `sportlichen Festtagen´ gehören." Nervlich stabil präsentierte sich aber immer nur einer, nämlich Wang Xi, der im Lauf der Saison immer stärker auftrumpfte und in der Rückrunde im wahrlich starken oberen Paarkreuz der Liga mit einer 16:2-Bilanz herausragte. Mancher sprach nur noch vom "TTV Wang", wenn er die Hessen meinte. Ausgerechnet gegen das beste Team der DTTL, Borussia Düsseldorf, gewannen die an diesem Abend - befreit von jeglichen Kopf und Beine lähmenden Erwartungen des Umfeldes - wie in Trance aufspielenden "Jungen Wilden" ihr einziges Saisonspiel, die zudem im Ligapokal immerhin das Final Four erreichten. Vier Unentschieden sprangen in der Bundesliga noch heraus, zu wenig, um unter normalen Umständen regulär die Klasse zu halten. Doch das Schicksal gibt dem zweifachen Champions-League-Sieger eine weitere Chance, allerdings ohne Megaspieler Wang, den man nicht halten konnte, da dessen Marktwert unterdessen beträchtlich angestiegen ist. Seine Künste wird man demnächst in Fulda bewundern können.
Von Sensationen und Statistiken
Die dickste Überraschung der Saison war sicher das 6:4 des TTV Gönnern gegen Topfavorit Borussia Düsseldorf. Doch auch das 6:2 des damaligen Schlusslichts Plüderhausen bei Vizemeister Grenzau Ende Januar hatte kaum einer der Experten auf seinem Zettel gehabt. Generell lag das Leistungsniveau der Teams nicht so weit auseinander, dass es sich irgendwer erlauben konnte, einen Gegner zu unterschätzen. Wirklich schwach war nämlich keiner, auch die als Abstiegskandidaten gehandelten Teams nicht. So kam es einigen Klubs nicht ganz ungelegen, dass sich die potenziellen Aufstiegsanwärter Germania Holthausen, Borussia Dortmund und 1.FC Saarbrücken im März entschieden, das geplante "Projekt DTTL-Aufstieg" noch um eine Saison hinauszuschieben, um entsprechende Grundlagen zu schaffen, im Oberhaus eine gute Rolle zu spielen. Dieser Schritt rettete zwei Teams, die sonst ein wenig unglücklich hätten "ins Gras beißen" müssen und nun eine weitere Chance erhalten.
Im vorderen Paarkreuz war Gönnerns Wang Xi der Shooting-Star. Mit insgesamt 27:8 bekleidet er hier die Topposition, gefolgt von Timo Boll, der weniger Spiele absolviert hat - Wang hat jedes Match seines Klubs in Liga und Pokal bestritten. Die tolle Rückrundenbilanz des Chinesen von 16:2 - Niederlagen gab es nur gegen Adrian Crisan und Christian Süß - spricht für sich. Timos 18:2 (9:0/9:2) ist natürlich ebenfalls mehr als überzeugend, auch wenn in der Rückrundenstatistik Wang um +7 besser notiert ist. Ein Aufeinandertreffen der beiden gab es lediglich im Pokal-Final-Four, wo der Düsseldorfer Weltranglistensechste mit 3:1 die Oberhand über den derzeit an Position 171 (!) in der Welt notierten Abwehrkünstler behielt, mit dem er in der Hampl-Trainingsgruppe in Höchst im Odenwald schon häufig zusammen trainiert hat. Im übrigen darf anhand solcher Beispiele getrost über die Aussagekraft derartiger Ranglisten gestritten werden. Platz drei im oberen DTTL-Paarkreuz belegt Adrian Crisan (23:9) vor Ma Wenge (22:12), Christian Süß (19:11), Aleksandar Karakasevic (20:13), Leung Chu Yan (20:14), Tan Rui Wu (19:14) und Seiya Kishikawa (19:16). Bojan Tokics 10:8 kann sich ebenso sehen lassen wie Robert Svenssons 9:9-Bilanz - beides Akteure, denen nicht jeder das Spitzenpaarkreuz zugetraut hat. Etwas ernüchternd dagegen Fuldas Feng Zhe (18:17), der schon weitaus bessere Resultate erzielt hat. Nicht enttäuscht hat Thomas Keinath, dessen 6:9 besser ist, als es ihm manche Experten prophezeit hatten. Eigentlich fast indiskutabel für einen Mann seiner Klasse - zuletzt bei der WM in China unter Beweis gestellt - ist dagegen Jörg Roßkopfs Ergebnis von 10:24. "Rossi" bringt es dabei aber regelmäßig fertig, gegen die "Großen" wie Crisan oder Leung zu gewinnen und gegen weniger renommierte Gegner die Segel zu streichen.
Siehe auch: Einzelstatistik 1. PK
Bilanzen nach Vereinen
Das hintere Paarkreuz war das Reich der Düsseldorfer Petr Korbel (17:1) und Dimitrij Ovtcharov (17:2), die hier nahezu nach Belieben schalten und walten konnten. "Dima" hatte übrigens 14 Matches in Serie gewonnen, bevor er im letzten Saisonspiel Bastian Steger nach vier vergebenen Matchbällen unterlag. Auf Platz drei folgt Fuldas Ex-Weltmeister Jörgen Persson (17:7) vor Bojan Tokic (10:1), Zoltan Fejer-Konnerth (13:5), der - nach Cheungs Suspendierung - auch vorne fast ausgeglichen spielte (4:5), Pär Gerell (15:9), Lars Hielscher (17:12) und Tomas Pavelka (16:11). Bastian Stegers 7:2 ist seiner Verletzung geschuldet - sicher wäre der Nationalspieler bei entsprechend häufigen Einsätzen auch ein ernsthafter Anwärter auf eine Top-Bilanz gewesen. Etwas enttäuschend die Ergebnisse der beiden Schlusslichter vom TTV Gönnern: Steffen Mengel (6:19) und Ruwen Filus (3:17) können fraglos mehr, als es die nackten Zahlen widerspiegeln.
Siehe auch: Einzelstatistik 2. PK
Die Doppel erwiesen sich etwas überraschend als Domäne des TTC indeland Jülich. Hier kommt "Rossis" Rolle als Leitwolf und Integrationsfigur vorzüglich zum Tragen - zudem deuten ansprechende Doppelbilanzen nicht selten auf guten Teamgeist hin. Ganz vorne finden wir die deutsch-japanische Kombination Roßkopf/Takakiwa (13:4), die neunmal in Folge siegreich geblieben war, bevor es am letzten Spieltag eine Niederlage gegen die Bremer Keen/Kishikawa gab. Ein weiteres Jülicher Doppel deutete an, welches Potenzial in ihm steckte: das nur selten nominierte Gespann Freitas/Kosowski blieb immerhin ungeschlagen (5:0). Aber zurück zu den Spitzenpositionen: die Frickenhäuser Steger/Ma Wenge finden wir mit 13:5 auf Platz zwei, gefolgt von den Grenzauern Blaszczyk/Cheung (10:2) und der Düsseldorfer Paradeformation Boll/Süß (8:2). Bremens Keen/Kishikawa (11:6) - nach Jörg Roßkopfs Urteil "das beste Doppel, gegen das wir in dieser Saison gespielt haben"
- und die doppelstarke Fuldaer Kombination naturalisierter Chinesen Feng/Meng (10:5) folgen auf den Rängen fünf und sechs. Die Düsseldorfer Korbel/Ovtcharov (6:4) auf Platz acht scheinen nicht unbedingt die Idealpaarung für einen Meisterschaftsfavoriten zu verkörpern. Etwas überraschend konnte sich von den Doppeln des TTV Gönnern das Angriffsduo Gavlas/Mengel (7:6) besser platzieren als die reine Abwehrformation Wang/Filus (8:10).
Siehe auch: Doppelbilanzen
Der Bundesliga-Zuschauerrekord, aufgestellt in der Saison 1991/92 mit durchschnittlich 645 Besuchern pro Spiel, wurde nicht übertroffen, obwohl man bei 687 Fans im Hinrundenschnitt auf dem besten Weg zu einer neuen Rekordmarke schien. Am Ende verfehlte man das große Ziel mit einem Durchschnittswert von 639 um Haaresbreite und belegte "nur" Platz zwei in der Zuschauerrangliste sämtlicher 42 Bundesligaspielzeiten. Insgesamt erlebten 57.520 Menschen die 90 Begegnungen
in den Sporthallen.
Highlights waren die neuen Bestmarken der Bundesligageschichte beim Spitzenspiel in der Stuttgarter Porsche-Arena zwischen Frickenhausen und Düsseldorf (4.500) und zuvor im Düsseldorfer Burg-Wächter Castello zum Saisonauftakt beim Spiel der Borussia gegen die Waldner-Truppe aus Fulda (4.200, Foto). 3.000 Menschen wollten in der Ulmer Kuhberghalle das Topspiel zwischen Ochsenhausen und dem Boll-Klub sehen. Auch die 2.200 Tischtennisfans, die zur Begegnung zwischen Düsseldorf und Grenzau am 18. November strömten, sind eine hoffnungsvoll stimmende Zahl. Die Tendenz scheint sich zu verfestigen, dass besonders attraktive Paarungen in großen, modernen Sporthallen außerordentliche Zugkraft ausüben. Besonders engagiert zeigten sich im Beschreiten dieses neuen Weges in Sachen Spielpräsentation und -vermarktung Borussia Düsseldorf, die auch noch eine Partie in der Stadhalle Hagen austrugen, und TTF Liebherr Ochsenhausen, neben Ulm auch in der Balinger Sparkassen-Arena aktiv. In der kommenden Saison, der ersten mit Dreiermannschaften, einem Tisch mit Centercourt-Charakter und einem neuen Spielsystem, dürfte sich diese Tendenz verstärken. Dann darf mit noch mehr in städtische Arenen verlagerten Topspielen gerechnet werden, die als kurzweilige Spitzensport-Events präsentiert werden.
Zuschauerkrösus ist Klassenprimus Düsseldorf mit insgesamt 11.650 Besuchern, das entspricht einem sagenhaften Mittelwert von fast 1.300 Menschen pro Heimspiel. Dahinter folgen - getreu der sportlichen Tabelle - Frickenhausen (8.480 / 942), Ochsenhausen (7.305 / 812 ) und Fulda (5.830 / 648). Das Mittelfeld bilden Schlusslicht Gönnern (5.500 / 611) - ein klassischer Ausreißer, offensichtlich attraktiver als die nackte Erfolgsbilanz - und Bremen (4.735 / 526), während die restlichen vier Teams Grenzau (Durchschnitt: 425), Jülich (412), Würzburg (368) und Plüderhausen (352) keine Zusatztribünen aufstellen mussten.
Attraktivste Auswärtsmannschaft, fast schon mit Magnetwirkung, war - wie schon in der Hinrunde - Rekordchampion Borussia Düsseldorf, den nicht weniger als 13.270 Fans in den neun Auswärtspartien sehen wollten - im Schnitt 1.474 -, und der Garant für gut gefüllte Hallen war. Platz zwei nimmt hier Fulda ein, dessen „alte Schweden" Waldner und Persson nach wie vor eine enorme Zugkraft haben. 9.350 Tischtennisfreunde, also 1.039 pro Partie, wollten die rüstigen Ex-Weltmeister auswärts
betrachten. Relativ attraktiv war auch der Traditionsklub aus dem Westerwald, der schon einige Kapitel deutscher und internationaler Tischtennisgeschichte geschrieben hat. Durchschnittlich 716 Zuschauer wollten Grenzau auswärts sehen, gefolgt von den schwäbischen Topteams Ochsenhausen und Frickenhausen, die im Mittel für 540 beziehungsweise 539 Fans interessant waren. Trotz des in der Sportwelt bekannten Namens, der eigentlich ein Markenzeichen ist, kamen zu den Auswärtsspielen des SV Werder Bremen die wenigsten Zuschauer, nämlich bloß 363 je Begegnung.