Wie es im neuen Luxus-Bereich von ManCity aussieht
Ein bisschen wie Aquarium
Manchester City möchte seinen Kunden im »Tunnel Club« exklusive Einblicke hinter die Kulissen eines Spieltages bieten. Und entfernt sich damit noch weiter von der Basis.
Tony Preston ist City-Fan durch und durch. Dauerkarteninhaber seit 30 Jahren, wie seine Twitter-Beschreibung mit Stolz vermeldet. Nun wollte er etwas Neues ausprobieren. Drum zwitscherte Tony ein Bild von einem Ticket für den sogenannten »Tunnel Club« in die Welt. Das kommt in einer edlen Verpackung. Ganz schwarz, weiße Schrift, goldene Details. »Mal schauen, worum es bei dem ganzen Hype eigentlich geht«, so der geschriebene Zusatz.
Bereits bei dem Blick auf das Ticket findet sich ein Info-Zusatz, der die Halsschlagader eines jeden Fußballromantikers in unkontrollierte Wallungen versetzt: »Dresscode: Smart casual, keine Sportklamotten oder Turnschuhe«. Der Tunnel Club möchte nämlich exklusiv sein. Und den Kunden, die für ein Club-Jahresticket 15000 Pfund zahlen, exklusive Bilder bieten. Und denen, die um die 250 Pfund für ein Spiel ausgeben, natürlich auch.
Laut Vereinswebsite wird man für den schmalen Taler mit »intimen Einblicken in die Spielvorbereitungen der Spieler belohnt.« Beworben wird das mit einem edlen schwarz-weiß Bild von Leroy Sané. Beim Gang durch den Spielertunnel, mit fokussiertem Blick, hinter ihm Kameras. Bei Anpfiff sitzen die Mitglieder in ihrem eigenen, abgetrennten Bereich im Stadion. Auf gepolsterten Sitzen hinter der City-Bank, hinter Pep.
Handy raus, die Spieler kommen
Am Montag ist es soweit: Everton gastiert im Etihad und Tony ist mittendrin. Er isst vom Fünf-Gänge-Menü und trinkt exquisite Drinks. Dann kommen die ersten Spieler im Stadion an. Um in die Kabinen zu gelangen, müssen sie einmal durch den Tunnel Club und dort eine Treppe hinab laufen. Am Geländer drängen sich fein gekleidete Männer, Frauen und Kinder eng zusammen, alle haben sie ihr Smartphone im Anschlag. Gleich werden sie an ihnen vorbei laufen, die Skyblues, die Agueros, de Bruynes und Sterlings. Instagram-Story-Material, perfekt, um seinen Freunden mit einer dicken Packung Sozialneid den Montagabend zu vermiesen.
Und da sind sie. Wie wild werden Smartphone-Bildschirme befingert und dabei Foto um Foto geschossen. Allerdings haben die Bilder, die Tony ins Netz stellt, nicht viel gemeinsam, mit den epischen schwarz-weiß Fotografien, mit denen der Verein in den elitären Zirkel lockt. Leroy Sané schlurft die Treppe hinunter, Blick auf das eigene Handy und Kopfhörer auf den Ohren, vorbei an den Freizeit-Paparazzos, die sich im Moment des Fotomachens vermutlich schon überlegen, an wen sie es zu erst schicken.
Der deutsche Nationalspieler beachtet die Meute nicht wirklich. Aber warum auch? Er wird vom Verein bezahlt, um Tore zu schießen, Fußballspiele zu gewinnen und das Etihad Stadium mit seinem Können am Ball zu begeistern. Aber als menschgewordenes Extra zu den goldenen Waschbecken die Highsociety bespaßen? Muss er nicht. Weil es nicht sein Job ist. Und weg ist er. Verschwunden in die Kabine, um sich auf das schwierige Premier-League-Spiel gegen Everton vorzubereiten.
Tony drückt derweil weiter fleißig auf den Auslöser, bevor er sich zurück an seinen Tisch begibt. Er beobachtet das Treiben im Club. Es wird heftig genetworked, aufgesetzt gelacht und am Rande auch über das anstehende Fußballspiel gefachsimpelt. Bei dem Wayne Rooney sein 200. Ligator erzielen könnte. Aus den Boxen tönt die Stimme von einem der City-Co-Trainer, welcher den gut zahlenden Gästen vor jedem Spiel exklusive Einblicke in die Formation und Taktik gewährt. Damit jeder auch gut vorbereitet ist.
Der Anpfiff naht und die Menge macht sich auf. Genauer gesagt: sie stellt sich vor eine Glasscheibe, um sich die Nase platt zu drücken. Denn jetzt, kurz bevor die 22 Männer den grünen Rasen in einen Schauplatz eines Millionenwettkampfes verwandeln, kommt der eigentliche Vorteil des Club-Besuches zum Vorschein. So sieht es zumindest das ausgeklügelte Konzept vor.
Durch die Glasscheibe haben die Besucher besten Blick auf die beiden im Spielertunnel wartenden Mannschaften. Sie können in die angespannten Gesichter schauen. Vielleicht mal einen Wortfetzen aufschnappen. Es werden weiter fleißig Bilder gemacht. Selfies, mit den Spielern im Hintergrund. Es hat etwas von einem Aquariumsbesuch.
»Tunnel Club Wankers«
Nach dem Spiel sitzt Tony in einem tiefen Sofa im Club. Über einen runden Bildschirm flackert die Pressekonferenz. Er checkt seinen Twitter-Feed. Vielleicht stolpert er dabei über den Tweet von Gill.i.am. Die Reihe, in der der User immer sitzt, wurde nämlich verkürzt. Zu Gunsten der gepolsterten Sitze der Club-Mitglieder. Er bezeichnet sie als »Tunnel Club Wankers«. Und somit als die, die mit dem Verein eigentlich nichts am Hut haben. Es ist nur einer von zahllosen Tweets, die sich über den Club und seine Besucher empören oder sich einfach darüber lustig machen. Über die Leute, die ihrer Ansicht nach nicht wegen Fußball kommen.
Und einer von ihnen ist Tony. Stolzer Dauerkarteninhaber seit 30 Jahren. Und was hat es mit dem Hype nun auf sich? Dazu tweetet er nichts mehr. Muss er auch gar nicht. Der Tunnel Club hat bei langjährigen City-Fans nach nur einem Spiel auch so schon seinen Ruf weg.
https://www.11freunde.de/artikel/wie-es-im-neuen-luxus-bereich-von-mancity-aussieht/page/1Du armer Fußball, was hat man bloß mit dir gemacht...?